Altenzentrum „Goldbach“ in Ochsenhausen (Bahnhofstraße)

Ein Torso und die Verwaltung duckt sich weg.

Immer wieder steht das Thema „Altenzentrum Goldbach“ im Gemeinderat und in der Öffentlichkeit auf der Agenda. So auch wieder bei der letzten Sitzung am 22.10.25, als bei der Bürgerfragestunde ein Bewohner der noch im Haus verbliebenen Teileinrichtung (Betreutes Wohnen) seine Sorgen und Nöte zur Sprache brachte. Er bemängelte die derzeitigen Zustände und die schlechte Betreuung durch den Einrichtungsträger Sankt Elisabeth-Stiftung. Die Antworten des Bürgermeisters waren dem Fragesteller gegenüber aber alles andere als zufriedenstellend, ausweichend und für diesen Fragesteller nicht zielführend!  

Aus diesem Grund muss erneut auf die rechtlichen Fakten bei diesem Konstrukt eingegangen werden, wenn es der Bürgermeister schon nicht für notwendig erachtet.  Eigentlich wäre es jetzt höchste Zeit, dass allen GR-Mitgliedern diese Verträge ausgehändigt werden, damit die „Gesamtverantwortung“ auf den Tisch kommt!

Historie

Von 1997 bis zum 31.12.2017 betrieb die Stadt Ochsenhausen dieses AZO als Eigenbetrieb mit eigenem Geschäftsführer. Dafür gründete sie die „Altenzentrum Goldbach GmbH“. Diese Einrichtung genoss sowohl bei den Bewohnern als auch in der Bevölkerung ein hohes Ansehen. Warum sich die Stadt trotz dieser Wertschätzung überhaupt von dieser Einrichtung trennte und an einen privaten Träger weiter gab, wurde nie kommuniziert und auch nicht  begründet.

Die Stadt beauftragte dann das Büro „Menold Bezler Rechtsanwälte Partnerschaft mbH“ aus Stuttgart mit der rechtlichen Begleitung dieser beabsichtigten Privatisierung. Dieses Büro arbeitete dann u.a. einen Verfahrensleitfaden für eine anstehende Angebots-und Verhandlungsphase mit 24 DIN A4-Seiten und zusätzlich 8 mehrseitige Unterlagen/Anlagen aus. Dieses Sammelsurium an Unterlagen wurde dann verschiedenen Pflegedienstleistern zugesandt.

Aus dieser Angebots- und Verhandlungsphase ging dann angeblich die SES als bester Dienstleister hervor. Mit im Boot war dabei auch die Dünkel-Gruppe, der eine Nutzung des Baywa-Geländes in Aussicht gestellt wurde.

Anmerkung hierzu: Ein beteiligter und nicht zum Zug gekommener Anbieter sagte zu dieser angeblichen Verhandlungsphase, dass dies ein abgekartetes Spiel gewesen sei und zum Greifen klar war, wer zum Zug kommen sollte. Bei der Durchsicht dieses Leitfadens fällt auch auf, dass nahezu alle ausgearbeiteten Vorgaben sehr dehnbare Begriffe sind, die zu einer juristischen Daueraufgabe führen können. Eine Meisterleistung war dies nicht!

Fakten zu den Vertragsinhalten

Die zeitliche und rechtliche Abfolge der Verhandlungen und Vertragsinhalte ist nachfolgend dargestellt.

Fakt 1:
Am 01.01.2018 ist dieses bis dahin gut funktionierende „Altenzentrum Goldbach(AZO)“ von der Stadt Ochsenhausen auf die St. Elisabethen-Stiftung (SES) im Rahmen eines auf 99 Jahre ausgerichteten Erbbaurechtsvertrags an die SES übertragen worden. Das bedeutet rechtlich, dass das Grundstück, auf dem diese Einrichtung steht, bei der Stadt geblieben ist, der gesamte Gebäudekomplex aber mit damals 72 Dauer-pflegeplätzen, 17 betreuten Wohnungen und 65 Tiefgaragen-Stellplätzen mit gleichen Datum kostenlos in das Eigentum der SES übergegangen ist. Der Erbbauzins für dieses Grundstück mit 3736 m² beträgt jährlich 11.208 Euro, was gerademal einem Preis von 3,00 Euro/m² für den Grund und Boden entspricht.

Fakt 2:
Was wissentlich oder unwissentlich bei dieser vertraglichen Festsetzung und Eigentumsübertragung nicht beachtete wurde, war das noch bestehende Darlehen von 1,032 Mio Euro in den Finanzunterlagen der Stadt. In den vertraglichen Festsetzungen mit der SES wurde dieses Darlehen nicht beachtet und auch nicht an die SES weitergegeben worden!  Somit mussten in den Folgejahren von den Bürgerinnen und Bürgern dieser Stadt noch über 1 Mio. Euro außerplanmäßig mit Steuermitteln abgelöst werden.

Fakt 3:
Bei der Erbbaurechtsübertragung wurde auch festgelegt, dass die SES diese Einrichtung innerhalb von 10 Jahren nicht ohne Zustimmung des Verkäufers (Stadt) weiterveräußern, weiterverpachten oder an Dritte übertragen darf; außer der Übernehmende ist z.B. eine Tochtergesellschaft des SES (über 51 % SES-Beteiligung). Und was wurde gemacht: Beim selben Notartermin am 20.12.2017 wurde mit Zustimmung der Stadt ein Verschmelzungsvertrag zwischen der SES und der Tochtergesellschaft SES gGmbH abgeschlossen, so dass nicht die SES Eigentümer des AZO geworden ist (wie uns Bürgern immer vorgegeben wird), sondern die SES gGmbH. Der ausgehandelte Pflichtenkatalog (z.B. Pflegeplatzvorhaltung, Erbbauzinszahlung, Umbauverpflichtung, Vertragsstrafzahlungen usw.) ist demnach sofort und vollumfänglich an die SES gGmbH übergegangen und die SES kann seither ihre Hände in Unschuld waschen!

Fakt 4:
Vom 01.01.2018 bis zum Beginn der Umbaumaßnahmen und vollständige Räumung des Pflegebereichs am 31.05.2022 vergingen 47 Monate und in dieser Zeit vereinnahmte die SES im Rahmen der Pflegesatzkostenabrechnungen mit den Pflegeheimbewohnern insgesamt rd. 14 Mio. Euro. Enthalten sind dabei rd. 2,8 Mio. Euro für Investitionskosten und Unterkunft (Miete). Die restlichen Kosten von rd. 11,2 Mio. Euro entfielen auf die körpernahen Pflegeleistungen, die Verpflegung und die Ausbildungsumlage.

Festgelegt wurde auch, dass die Zahlung des Erbbauzinses in Höhe von jährlich 11.208 Euro für die Dauer von max. 2 Jahren während der Umbauphase entfällt. Der Umbaubeginn war dann im Herbst 2022; im Frühjahr 2023 wurden die Bauarbeiten aber kommentarlos wieder eingestellt. Dem damaligen Bürgermeister als Vertreter der Stadt ist dieser Baustopp angeblich total entgangen!

Fakt 5:
In diesen vertraglichen Festsetzungen wurde auch vereinbart, dass die SES gGmbH dauerhaft auf den Grundstücken Bahnhofstraße, Schulstraße und Rottuminsel insgesamt 72 Dauer-Pflegeplätze anzubieten hat (26 280 Belegtage). Sollten dennoch weniger als 90 % dieser Pflegeplätze, also 23 812 Belegtage angeboten werden, dann muss die SES gGmbH für jeden fehlenden Pflegeplatz eine Vertragsstrafe von 1000 Euro/Jahr an die Stadt bezahlen. Seit 01.06.2022 (Schließung des AZO) bietet die SES gGmbH aber nur noch 45 Pflegeplätze auf der Rottuminsel an, so dass sich die fehlenden Pflegeplätze zwischenzeitlich auf 3,5 Jahre x 20 Pflegeplätze aufsummiert haben und somit ergibt bis dato eine Vertragsstrafe von 70.000 Euro.

Fakt 6:
Da die SES gGmbH auch mit den Umbauarbeiten beim AZO weit im Verzug ist, müsste auch hier der Erbbauzins von jährlich 11.208 Euro seit dem 01.06 2024 weiterbezahlt werden. Außerdem steht seit mehr als einem Jahr die Tiefgarage der Öffentlichkeit nicht mehr zur Verfügung. Auch hier ist ein Vertragsdefizit von Seiten der SES gGmbH gegeben.

Fakt 7:
Im Erbbaurechtsvertrag vom 17.12.2017 mit der SES ist auch festgeschrieben, dass ein Heimfallrecht vor Ende des Erbbaurechts gegeben ist, wenn der Erbbauberechtigte (SES bzw. SES gGmbH) in Vermögensfall gerät, eine Zwangsversteigerung ansteht, mit zwei Jahrespachtzahlungen im Rückstand ist oder wenn ein Verstoß gegen Vereinbarungen gegeben ist.

Fazit

Die SES gGmbH ist de facto auf mehreren Ebenen vertragsbrüchig. Das ist dem jetzigen Bürgermeister bekannt und deshalb hat er sich in der Gemeinderatssitzung im Januar 2024 vom Gemeinderat ein „robustes Verhandlungsmandat“ mit der SES gGmbH geben lassen, nachdem es schon damals vielseitige Beschwerden gab. Wie er dieses Verhandlungsmandat bisher gegenüber der SES gGmbH genutzt hat, ist nicht zu erkennen.

Daraus folgt aber , dass jetzt die Interessen der Stadt und der Bewohner ohne Umschweife und ohne Rücksicht geltend zu machen sind und es bleibt nur ein Weg:

  1. Die Stadt als benachteiligter Vertragspartner muss vom vertraglich festgelegten Heimfallrecht umgehend und entschädigungslos Gebrauch machen.
  2. Der Bürgermeister muss jetzt Stärke zeigen, das von ihm selbst eingeforderte starke Verhandlungsmandat unter Beweis stellen und die Interessen der Stadt schnell und vollumfänglich wahren!

In diesem Zusammenhang soll nicht unerwähnt bleiben:

Die Vertragsverhandlungen im Jahre 2017 wurden von der Stadt Ochsenhausen hauptsächlich durch den früheren Bürgermeister Denzel und der damaligen Hauptamtsleiterin Frau Oelmayer geführt.
Von Seiten der SES verhandelte federführend der Vorstandvorsitzende Herr Wittmann sowie die Geschäftsführerin der SES gGmbH Frau Köpfler. Besonders bemerkenswert ist die Tatsache, dass alle vorgenannten Personen zwischenzeitlich
– entweder in den Ruhestand getreten sind
– oder gekündigt haben (Vertreter der Stadt)
– oder von ihren Ämtern entbunden und abgelöst wurden (SES- bzw. SES gGmbH Vertreter).

Auch die damaligen Fraktionsvorsitzenden im Ochsenhauser Gemeinderat
– Johannes Remmele (CDU)
– Manfred Kallfass (FW)
– Frank Gmeinder (SÖB)
sind zwischenzeitlich aus diesem Gremium ausgeschieden.
Zurückgeblieben sind nur noch deren „markige“ Worthülsen zu diesen Verträgen („Sechser im Lotto“, „Glücksfall für die Stadt“, „Jeder kann sich verwirklichen“).

Vertrauenserweckend ist diese Situation nicht. Es braucht deshalb nicht zu wundern, wenn die Bürgerinnen und Bürger gegen solche nicht nachvollziehbare Machenschaften aufbegehren und ihrem Ärger Luft machen.